Praktikanten einstellen: Was zu beachten ist

  • Jeden Sommer suchen Tausende Jugendliche oder Studierende ein Praktikum. Für Unternehmen heißt es jedoch: Praktikum ist nicht gleich Praktikum. Was man bei der Beschäftigung von Praktikanten wissen muss. Jedes Jahr sind laut Schätzung der Arbeiterkammer etwa 50.000 Jugendliche als verpflichtende Ergänzung zu ihrer Ausbildung im Sommer auf der Suche nach einem Praktikumsplatz. Hinzu kommen jene, die freiwillig einen Sommerjob suchen, um so ihr persönliches Budget aufzubessern. Auf der anderen Seite holen sich auch viele Unternehmen in den Sommermonaten gerne Unterstützung und entscheiden sich deshalb für Praktikanten. Aber Vorsicht: Ein Praktikant ist nicht gleich ein Praktikant. Der Begriff im umgangssprachlichen Sinn kann rechtlich unter verschiedene Kategorien fallen. Das müssen Unternehmen grundsätzlich beachten, wenn sie einen Praktikanten einstellen. Wichtiger Hinweis: Der Bereich „Beschäftigung von Praktikanten“ ist eine komplexe Materie, hier werden nur die Grundzüge dargelegt. Dieser Text stellt keine arbeitsrechtliche Beratung dar und kann diese auch nicht ersetzen. Praktika gibt es in verschiedenen Formen und Arten, beispielsweise als:

    • Pflichtpraktika
    • Volontariate
    • freiwilliges Praktikum
    • Ferialarbeitsverhältnis (allgemein auch „Ferienjob“ genannt)
    Durch diese Vielfalt ist die rechtliche Lage manchmal nicht eindeutig.

Praktikum: Was ausschlaggebend ist

  • Bei einem Praktikum ausschlaggebend ist, ob es als Arbeitsverhältnis oder als Ausbildungsverhältnis ausgestaltet ist. Denn jede dieser Arten hat unterschiedliche Folgen im Arbeitsrecht und in der Sozialversicherung. Welches Vertragsverhältnis man für ein Praktikum wählt, muss man im Einzelfall beurteilen.

Praktikum als Arbeitsverhältnis

  • Dazu müssen bestimmte Merkmale erfüllt sein:

    • Eingliederung in den Arbeitsprozess (z. B. an Arbeitszeiten gebunden)
    • festgelegte Arbeitsabfolge
    • vorgegebene Arbeitszeit, zugewiesener Arbeitsort
    • Weisungsgebundenheit
    • persönliche Arbeitspflicht (das Unternehmen erwartet eine konkrete Arbeitsleistung)
    • der Praktikant ist organisatorisch im Unternehmen eingegliedert
    Bei dieser Art des Praktikums liegen die Kriterien eines klassischen (befristeten) Dienstverhältnisses vor. Die Praktikanten gelten als Dienstnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinn. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die Urlaubsersatzkräfte der Post, die während der Sommermonate in Vertretung Briefe und Pakete austragen.

Praktikum als Ausbildungsverhältnis

  • Ein Praktikum im Ausbildungsverhältnis soll nicht reicher, sondern klüger machen. Dabei steht das Lernen im Vordergrund und nicht das Geld. Diese sogenannten echten Pflichtpraktikanten sind im Rahmen des Lehrplanes der Schule bzw. des Studienplanes der Universität zu einer praktischen Ergänzung ihrer theoretischen Ausbildung verpflichtet. Die Merkmale eines Ausbildungsverhältnisses:

    • Das Praktikum im Betrieb muss der Fachrichtung in der Schule bzw. dem Studium entsprechen.
    • Die vom Praktikanten zu verrichtenden Tätigkeiten müssen dem Zweck der Ausbildung entsprechen.
    • Vielfach ist der Inhalt und die Dauer eines Ausbildungspraktikums in den jeweiligen Ausbildungsvorschriften (Studienordnung, Lehrplan) konkret definiert.
    • Es besteht weder eine Arbeitsverpflichtung, noch ist der Praktikant generell verpflichtet, Weisungen zu befolgen.
    • Bei der zeitlichen Gestaltung der Anwesenheit im Betrieb besteht größere Freiheit der Auszubildenden.
    Ausbildungsverhältnisse unterliegen nicht dem Arbeitsrecht. Für diese echten Pflichtpraktikanten besteht daher auch kein gesetzlicher Urlaubsanspruch, kein gesetzlicher Anspruch auf Entgelt oder Sonderzahlungen nach dem Kollektivvertrag, sowie kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder Unglücksfall. Achtung: Der Ausbildungszweck steht auch bei freiwilligen Volontären im Vordergrund, ist jedoch im Lehr- oder Studienplan nicht vorgeschrieben.

Wie hoch darf eine Aufwandsentschädigung für Praktikanten sein?

    • Bei einem Ausbildungsverhältnis haben Praktikanten kein Recht auf Mindestbezahlung. Ob ein Entgelt für das Praktikum („Taschengeld“) bezahlt wird und wie hoch dieses ausfällt, unterliegt grundsätzlich der freien Vereinbarung. 
    • Ein Praktikum im Arbeitsverhältnis ist ein normales Dienstverhältnis und muss dementsprechend laut Kollektivvertrag bezahlt werden. Dazu kommen noch Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Wie sind Praktikanten versichert?

  • Echte Pflichtpraktikanten ohne Taschengeld sind nicht zur Pflichtversicherung anzumelden. Die Schüler- und Studierendenunfallversicherung erstreckt sich auch auf das vorgeschriebene Pflichtpraktikum, für den Arbeitgeber besteht keine Beitragsleistung. Zahlt das Unternehmen Taschengeld aus, ist die Anmeldung des Praktikanten bei der Sozialversicherung erforderlich. Dies gilt auch, wenn es sich dabei lediglich um geldwerte Sachleistungen handelt. Übersteigt das Taschengeld die Geringfügigkeitsgrenze (2022: 485,85 Euro monatlich), führt dies zur Vollversicherung.

Wie lange kann man einen Praktikanten beschäftigen?

  • Die Praktikumsdauer ist grundsätzlich nicht gesetzlich geregelt, sie kann im Praktikumsvertrag beliebig vereinbart werden. Aber Achtung: Langzeitpraktikanten dürfen nicht wie reguläre Arbeitnehmer behandelt und eingesetzt werden.

Probezeit und Kündigung eines Praktikumsvertrags

  • In Österreich können für ein Praktikum im Arbeitsverhältnis individuelle Fristen für eine Probezeit und auch eine Kündigungsfrist vereinbart werden. Als Richtwert für die Probezeit gilt zwei Wochen bei einem dreimonatigen Praktikum. Während der Probezeit kann ein Praktikumsvertrag ohne Kündigungsfrist ordentlich gekündigt werden, danach kann dies innerhalb der vertraglich festgelegten Kündigungsfrist erfolgen. Bei Pflichtpraktikanten (Ausbildungsverhältnis) ist eine einvernehmliche Auflösung jederzeit möglich; diese sollte schriftlich erfolgen. Bei Vorliegen wichtiger Gründe kann das Praktikum – wie jedes Arbeitsverhältnis auch – einseitig vorzeitig beendet werden. 

  • Fotocredit: AdobeStock/Monkey Business