Online-Handel: 6 Schritte, um Rücksendungen zu vermeiden

  • Retouren sind im Online-Handel ein Teil des Geschäftsmodells. Sie verursachen jedoch erhebliche Personal- und Prozesskosten. Es gibt Wege, die Retourenquote zu senken. Das Ergebnis der E-Commerce-Studie 2021 des Handelsverbands ist wenig überraschend: Die Coronakrise hat das Wachstum des Online-Handels befeuert. 9,6 Milliarden Euro macht aktuell der Onlineumsatz aus, ein Plus von 20 Prozent. Ein integraler Bestandteil des Geschäftsmodells E-Commerce sind Retouren. Gemäß dem gesetzlichen Rücktrittsrecht müssen Online-Verkäufer ihren Kunden die Möglichkeit einer Rücksendung binnen 14 Tagen nach Erhalt der Ware anbieten. Einfache Rücksendemöglichkeiten und für den Kunden kostenlose Retouren wurden von den Händlern zusätzlich als Kaufanreiz eingeräumt. Etwa vier von zehn Online-Käufern schicken laut Handelsverband zumindest einen Teil der bestellten Ware wieder zurück. Je jünger die Konsumenten, desto höher die Retourenquote. In Summe waren im Jahr 2020 nach Angaben des „Branchenradar“ 46 Millionen Pakete hierzulande Retouren. Experten – beispielsweise des deutschen Digitalverbands Bitkom – befürchten, dass sich durch den wachsenden M-Commerce, also dem Shoppen via Smartphone, die Retourenquote erhöhen könnte. Verbraucher, die unterwegs bestellen, neigen zu Impulskäufen und bereuen Käufe öfter. Für die Online-Händler stellen Retouren eine kostspielige Angelegenheit dar. Aufwendige Prüfung, Sichtung und Qualitätskontrolle der Produkte: Oft ist die Aufbereitung zum Wiederverkauf von zurückgeschickter Ware mit viel Aufwand verbunden. Die Kosten für die Bearbeitung einer Retoure werden im Allgemeinen mit durchschnittlich 10 Euro angegeben. Laut einer Studie der Universität Bamberg liegen die Gesamtkosten für den deutschen Online-Handel aufgrund von Retouren bei nahezu 5,5 Milliarden Euro. Die beste Rücksendung ist daher die, die erst gar nicht entsteht. Nicht umsonst gilt präventives Retourenmanagement im Onlinehandel als „Königsdisziplin“. Was können Online-Händler unternehmen, um die Quote an zurückgeschickter Ware möglichst gering zu halten?

Produktbeschreibungen im Detail

  • Etwa 60 Prozent der Retouren werden nach den Angaben des Digitalverbands Bitkom mit Nichtgefallen begründet, jede dritte wiederum mit einer falschen Beschreibung. Je detaillierter und genauer die Beschreibung eines Artikels ist, desto informierter kann der Kunde seine Kaufentscheidung fällen. Gute Produkttexte und Artikelbilder sollten die Kauferfahrung des Kunden im Laden ersetzen und mögliche Missverständnisse vermeiden. Neue Technologien wie Augmented Reality können einen lebendigen Eindruck vermitteln oder Größenverhältnisse besser schätzbar machen. Zahlreiche Bilder, Detailfotos oder Rundumsichten ermöglichen Kunden, die Waren besser beurteilen zu können. Auf ähnliche Weise helfen Konfiguratoren oder virtuelle Anproben bei der Auswahl von Produkten. Etwa 40 Prozent der Online-Händler halten es laut Bitkom-Umfrage für einen der wichtigsten Vorteile der Digitalisierung, dass es durch eine detailliertere Produktbeschreibung zu weniger Rücksendungen kommen kann. Aber bereits einfache Hinweise wie „fällt größer aus“ oder „ist eher eng“ können sehr hilfreich sein.

Informierter Service

  • Der Kunde benötigt stets eine Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Online-Händler sollten ihnen daher die Möglichkeit geben, über andere Kanäle (z. B. Mail, Telefon oder Messenger) Fragen zu stellen, die ein mögliches späteres Reklamieren vermeiden können. Vor allem Technikprodukte werden durch Rezensionen anderer Kunden einschätzbarer.

Daten nutzen

  • Daten sind nützliche Helfer gegen Retouren. Nur etwa jeder zweite Online-Händler fragt auf den mitgeschickten Retourscheinen nach den Gründen. Anhand dieser Daten ließe sich jedoch genau erkennen, warum Kunden nicht zufrieden waren oder welche Informationen ihnen gefehlt haben. Damit fehlt jedem zweiten Händler die Grundlage, um Prozesse zu überdenken sowie Warenbestand und Service exakter auf Kundenwünsche zu optimieren.

Optimierung der Verpackung

  • Eine sichere Verpackung vor allem von empfindlichen Waren – um das Produkt vor Transportschäden zu schützen – senkt ebenfalls die Retourenquote. Händler sollten bei der Verpackung aber nicht bloß auf Sicherheit setzen, sondern auch auf Optik und Haptik. Von einer neutralen Sache trennt man sich leichter als von etwas, mit dem man sich persönlich identifiziert. Auch kleine Überraschungen und ein persönlicher Gruß erfreuen Kunden – und halten sie öfter von einer Rücksendung ab.

Niedrig-Retournierer belohnen

  • Ein Viertel der Kunden bestellt grundsätzlich mehrere Varianten zur Auswahl, so eine Studie des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens. Statt bei Retouren mit Sanktionen zu drohen, könnten Online-Händler ein Bonussystem für treue Kunden einführen, die wenig Ware zurückschicken. Sie verbessern ihren Status, erhalten Punkte und sichern sich mit der Zeit Einkaufsvorteile. Rabatte, Gutscheine oder Prämien helfen wiederum, dass diese Kunden wiederkommen. In eine ähnliche Richtung zielt die „persönliche“ Retourenquote ab. Hier wird dem Käufer in seinem Kundenkonto bei jeder Bestellung die eigene Quote von Rücksendungen angezeigt.

Das eigene CO2-Konto

  • Nach Angaben der Forscher der Universität Bamberg produziert die Rücksendung von im Onlinehandel bestellten Waren in Deutschland etwa 238.000 Tonnen CO2-Äquivalente. Mithilfe eines eigenen „CO2-Kontos“ könnten dem Kunden, der häufig Produkte zurücksendet, die klimarelevanten Auswirkungen seines Einkaufsverhaltens im Internet anschaulich gemacht werden.

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