Wie compliant ist Österreich?

  • Wie steht es um den Bereich Compliance in österreichischen Unternehmen? Wo gibt es Verbesserungsbedarf? Ein Whitepaper des Compliance Netzwerks Österreich gibt Einblicke. Geschenkannahmen, Fehlverhalten von Mitarbeitern, unerlaubte Mauscheleien, Missachtung des Datenschutzes: Regelverstöße können das verursachende Unternehmen teuer zu stehen kommen. Schnell gelangt man in einen Bereich von mehreren 100.000 Euro. Das Problem setzt jedoch bereits früher an: Es kann für die Geschäftsgebarung und die Wahrnehmung bei den Kunden schon fatal sein, wenn das Unternehmen ins Gerede kommt. Die Einhaltung von Unternehmensrichtlinien birgt also ein erhebliches Risiko für den Betrieb – das gilt es zu vermeiden. Der Schlüssel zur Wahrung der Integrität und des Vertrauens innerhalb einer Organisation ist ein robustes Compliance-Programm. Wie compliant sind heimische Unternehmen? Der „Compliance Praxis Survey 2021“, eine Befragung des Compliance Netzwerks Österreich von 172 Compliance-Managern in heimischen Unternehmen, gibt entsprechende Einblicke. Die Studie zeigt: In 86 Prozent der Firmen werden systematisch organisatorische Maßnahmen ergriffen, um Compliance sicherzustellen. Es gibt also ein Compliance-Management-System (CMS), um die Einhaltung von Gesetzen bzw. internen und externen Richtlinien sicherzustellen. Gegenüber der Studie aus dem Jahr 2018 ist es hier zu keiner Veränderung gekommen. Es zeigt sich aber: Die „intrinsische Motivation“ zur Einrichtung eines CMS gewinnt an Bedeutung. Anlassfälle sind immer seltener der Startpunkt für die Einführung eines Compliance-Programms. 2018 waren sie es bei 25 Prozent der Unternehmen, nun nur mehr bei 18 Prozent. In den Vordergrund rückt das Commitment des Managements. Das CMS wird meist auf Anregung durch Vorstand oder Geschäftsführung eingerichtet (bei 55 Prozent der Unternehmen).

Risikolandkarte

  • Welche Compliance-Risiken durch das CMS aktiv gesteuert werden:

    • Anti-Korruption bei 88% der befragten Unternehmen
    • Datenschutz 74%
    • Betrugsvermeidung 71%
    • Kartellrecht 60%
    • Arbeitsrecht 32%
    • Steuerrecht 24%

Steigende Mittel trotz Coronakrise

  • Ein nahezu fixer Bestandteil in jedem CMS in heimischen Unternehmen ist die Position eines Compliance Officers (CO). Nach wie vor sind es meist eine bis fünf Personen, die sich mit Compliance-Management beschäftigen (60%) – sei es auch nur in Teilzeit. Überraschend ist, dass trotz Coronakrise die personelle und finanzielle Ausstattung der Compliance-Abteilungen verbessert wird. Über ein Drittel der Befragten rechnet mit stark oder sehr stark steigenden Mitteln, fast niemand mit Kürzungen. Für die Wirksamkeit eines CMS gilt als essenziell, dass der Compliance Officer mit den übrigen Bereichen im Unternehmen intensiv interagiert und in die Geschäftsprozesse eingebunden ist. In zwei Dritteln der befragten Unternehmen ist dies auch der Fall.

Goldstandard des Whistleblowings

  • Zu einem weiteren Kernelement des CMS haben sich Hinweisgebersysteme entwickelt. In heimischen Unternehmen setzt sich die Einsicht durch, dass anonyme, interne Hinweise eine effektive Methode sind, um Compliance-Vorfälle aufzudecken. Bis Ende 2021 muss die Whistleblowing-Richtlinie der EU zum Schutz von Hinweisgebern in nationales Recht umgesetzt werden. Die Studie zeigt: bereits jetzt verfügen 91 Prozent der befragten Unternehmen über einen oder mehrere Meldekanäle für Hinweise. Am häufigsten besteht die Möglichkeit, sich persönlich an den Compliance Officer oder eine andere Vertrauensperson zu wenden. Als Goldstandard des Whistleblowings gelten jedoch online-basierte, anonyme Kanäle, die durch Verschlüsselung eine vertrauliche Kommunikation mit Hinweisgebern ermöglichen. Immerhin 61 Prozent der Unternehmen verfügen über solch ein elektronisches Hinweisgebersystem – doppelt so viele als noch 2018. An dritter Stelle rangiert die Meldemöglichkeit via E-Mail (52%). Stark an Bedeutung gewonnen hat das Thema Zertifizierung. Etwa ein Drittel der Befragten wollen ihr CMS nach einem internationalen Standard prüfen lassen, vor drei Jahren planten dies lediglich 18 Prozent. „Dies zeigt eindeutig, dass Compliance-Anforderungen, Transparenz und Vertrauen im internationalen Geschäftsverkehr zunehmend Voraussetzungen für eine nachhaltige Teilnahme am Markt sind“, heißt es in der Studie.

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