Kundendaten: Wo der Hotspot im Shop ist

Wie am Point of Sale – und in dessen Umgebung – Daten generiert werden können, um einen Einblick in die komplette Customer Journey zu erhalten.

  • Was interessiert meine Kunden wirklich? Um diese Frage dreht sich im Handel eigentlich alles. Erfolgreiche Händler kennen die Bedürfnisse ihrer Kunden und können die Produkte und Dienstleistungen sehr gut darauf abstimmen. Das Problem ist: Die Rolle des Kunden hat sich neu definiert. Das Konsumverhalten ist wechselhafter geworden, der Kunde entscheidet mehr aus der Situation heraus und ist informierter. Das stellt vor allem an den Point of Sale neue Ansprüche. Was im Shop zählt, ist die Kundenzufriedenheit. An diesem grundlegenden Erfolgsrezept im Handel hat auch die Digitalisierung nichts geändert. Der technologische Wandel hat jedoch dazu geführt, dass sich die Bedeutung von Kundendaten bei diesem Erfolgsrezept gravierend erhöht hat. Nur wer seine Kunden genau kennt, kann die eigene Relevanz für die Kunden steigern. Im Onlinehandel ist es längst Standard, die Customer Journey genau zu verfolgen und das Kundenverhalten bis ins Letzte zu analysieren: Kein Klick, aber auch jeder nicht gemachte Klick, kein Suchwort, kein Produktinteresse entgeht dem digitalen Argusauge. Dadurch schaffen Sie Voraussetzungen, um die Kundenwünsche individuell und umfassend zu erfüllen. Der stationäre Point of Sale hingegen ist weiterhin oft eine Art Blackbox. Durch Retail Analytics haben stationäre Händler die Chance, ihre Kunden besser zu verstehen. Bei klassischer Marktforschung und Kundenbefragung basieren die Analysen auf Einzelerhebung, bei den digitalen Tracking-Methoden werden die Daten laufend generiert. Dadurch sind Reports über unterschiedliche Zeiträume möglich. Auf welche Weise kann ein traditioneller Laden Daten über das Kundenverhalten sammeln?

Bewegungsprofile und Laufweganalysen

  • Videokameras sind in Shops bereits keine Seltenheit mehr. Oft werden sie zur Diebstahlprävention eingesetzt, um die Sicherheit im Laden zu erhöhen. Aus den Aufnahmen lassen sich jedoch deutlich mehr Informationen generieren. Dies beginnt bei der Frequenzmessung, die den Kunden beim Betreten des Geschäfts registriert, bis hin zur anonymisierten Beobachtung per Kamera, wie sich die Kunden über die Verkaufsfläche bewegen. Dadurch lassen sich die stark frequentierten Bereiche des Geschäfts eruieren. Spezielle Analyse-Tools sind außerdem in der Lage, aus dem Bildmaterial den Gesichtsausdruck des einzelnen Kunden zu interpretieren: „Der Kunde freute sich, als er vor der Modeleisenbahn stand.“ Anhand der Bilder lassen sich auch Rückschlüsse auf grundlegende Daten der Kunden – wie Alter oder Geschlecht – ziehen. Zentrales Thema bei diesen Methoden ist der Datenschutz. Rückschlüsse auf einzelne Personen dürfen nicht möglich sein. Daten müssen anonymisiert verwendet und gespeichert werden. Mittels künstlicher Intelligenz kann der Kunde beispielsweise auf „Body Skeletons“ reduziert werden. Der Algorithmus interpretiert den Kunden als Skelett mit zahlreichen Gelenkpunkten, um dessen Körpersprache, Kopfhaltung und Gesten zu verstehen. Er operiert dadurch nur anhand von pseudonymen Daten und zeigt keine realen Identitäten.

WLAN-Tracking, auch Wifi-Sniffing genannt

  • Alle Mobilfunknetzwerke, und damit auch die WLAN-Netze, tauschen mit den Smartphones, die in Reichweite sind, Datenpakete aus – auch wenn das Handy nicht in das Netz eingeloggt ist. Die Router erfassen dabei die sogenannte MAC-Adresse (MAC = Media Access Control) und die Signalstärke. Damit kann man rückschließen, wie weit das Smartphone vom Router entfernt ist. Mit diesem Verfahren lässt sich ein Bewegungsprofil innerhalb des WLAN-Netzwerks erstellen.

Bewegungsströme im Umfeld des Shops

  • Wifi-Sniffing funktioniert nur im räumlich abgegrenzten Bereich. Mit dem gleichen grundsätzlichen Ansatz können Mobilfunkbetreiber aber auch Bewegungsdaten im kompletten Mobilfunknetz erfassen und anonymisiert auswerten. Aus welchem Einzugsgebiet kommen die Kunden des Unternehmens XY? Welche Wege nehmen sie in Kauf? Über die Analyse von anonymisierten Mobilfunkdaten konnte beispielsweise festgestellt werden, dass ein Kunde der PlusCity in Pasching (OÖ) im Schnitt eine fünf Mal längere Wegstrecke zurücklegt als Kunden der Arkaden in Klagenfurt. Kombiniert man diese Bewegungsströme mit soziographischen Daten, lassen sich beispielsweise gezielt kaufkräftige oder umweltbewusste Kundengruppen herausfiltern.

Beacons: Tracking mit Tiefgang

  • Dies sind kleine Sender, die per Bluetooth eine Verbindung zwischen den Smartphones der Kunden und dem Point of Sale aufbauen können. Voraussetzung dafür ist, dass der User eine entsprechende App – etwa eine Vorteilsapp des Shops – auf seinem Handy installiert und bereit ist, seine Anonymität aufzugeben. Der Vorteil ist: Das Tracking ist in der Tiefe mit einer Webanalyse eines eingeloggten Kunden im Online-Shop vergleichbar. Der Nachteil: Es wird nur ein kleiner Kundenkreis erfasst.

Monitoring dank Sensorik

  • Eine weitere Möglichkeit ist, Regale in Bodennähe mit Bewegungssensoren auszustatten. Damit können Händler die Kundenfrequenz am Regal ermitteln und feststellen, ob ein Kunde auf das Regal zugeht oder davon wegbleibt. So könnten Werbekampagnen, die über Digital Signage im Shop ausgespielt werden, auf deren Erfolgswahrscheinlichkeit überprüft werden. Präzisionswaagen in den Regalen wiederum können messen, ob ein Produkt entnommen – und vielleicht wieder zurückgelegt – wurde.

  • Fotocredit: iStockphoto/Peter Howell