Mit Innovationen durch die Corona-Krise

Die Corona-Krise hat große Teile der Wirtschaft lahmgelegt. Einige KMU sahen jedoch eine Chance für neue Angebote und punkteten mit Flexibilität. Beispiele, wie die Not erfinderisch machte.

  • Dass man in Krisenzeiten voller Ungewissheit abwartet, sei eine übliche menschliche Reaktion, meint Werner H. Hoffmann, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), im Video-Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“. Nur sollte man das nicht zu lange tun. Denn Unternehmertum bedeutet auch, und speziell in der Krise, den Mitarbeitern eine Zukunftsperspektive zu geben. Not macht bekanntlich erfinderisch – durch den Anpassungsdruck entstehen neue Geschäftsmodelle. Klein- und Mittelunternehmen punkten dabei mit ihrer oftmals höheren Flexibilität. Neue Prozesse können rascher eingeführt werden. KMU bringen Innovationen häufig aus dem normalen Produktionsprozess heraus („learning-by-doing“) oder in Zusammenarbeit mit Kunden und Zulieferern hervor („using and interacting“). Es ist ein unternehmerischer Überlebensreflex, in Krisenzeiten neue Wege zu gehen, den Vertrieb umzustellen oder das Produkt zu modifizieren. Aufwendige Webauftritte und soziale Medien sind plötzlich präsenter denn je. So improvisieren Spitzenköche mit Koch-Shows auf Instagram oder Facebook, oder stellen auf Lieferservice um. Beherbergungsbetriebe bieten Räumlichkeiten für Homeoffice. Taxifahrer mutieren zu Botenfahrern, weil die Fahrgäste ausbleiben.

Neue (digitale) Abläufe etablieren

  • Viele KMU erkennen jetzt die Dringlichkeit digitaler Lösungen. Immobilienverwaltungen beispielsweise vereinfachen Wohnungsabnahmen oder Schadensmeldungen von Mietern mit Online-Tools. Dass sich in Krisenzeiten neue Abläufe etablieren, zeigt auch der Gesundheitsbereich. Die wegen des Coronavirus in Österreich eingeführte Möglichkeit, ein Rezept auch elektronisch zu übermitteln, könnte bestehen bleiben. Viele Innovationen und neue Produkte stehen jedenfalls im direkten Zusammenhang mit der Corona-Krise – drei Beispiele:

    • Die Veit GmbH in Landsberg am Lech produziert eigentlich Maschinen für die Bekleidungsindustrie. Weil am Anfang der Infektionswelle die Mitarbeiter die Türschnalle immer mit dem Ellbogen runterdrückten, um sie nicht anfassen zu müssen, kam die Idee eines handfreien Türöffners auf. Kein Produkt um reich zu werden, aber eine kleine Hilfe für die Menschen in der Region. Im Laufe der Pandemie begann das Familienunternehmen außerdem mit der Entwicklung eines UV-Luftfilters, um die Verbreitung von Corona-Viren über Aerosole zu unterbinden.

    • STANDout, ein Tochterunternehmen der Reed Exhibitions und Spezialist für die Gestaltung von Messe-Ständen, hat mit CO-PS (Corona Protection Shield) eine neue Produktserie auf den Markt gebracht. Die Palette reicht dabei von mobilen Trennwänden auf Schreibtischen bis zu raumhohen Schutzkabinen aus Plexiglas – für Großraumbüros, Rezeptionen, die Gastronomie oder den Point-of-Sale.

    • Recht naheliegend war das neue Produkt das Brillenherstellers Vision1: Gesichts-Schutzschilde. Das Salzburger Unternehmen lässt seine Sonnenbrillen in Italien produzieren. Relativ früh berichteten dessen Lieferanten von den dramatischen Covid-19-Auswirkungen in der Lombardei. Auf Gesichts-Schutzschilde umzusteigen fiel Vision1 relativ einfach, da sie in derselben Produktion gefertigt werden konnten.
    Von den Umsätzen, die vor der Corona-Krise erzielt wurden, sind aber auch diese innovativen Unternehmen noch ein ordentliches Stück entfernt. Und Chancen kann man erst nutzen, wenn das finanzielle Überleben gesichert ist. Studien über vergangene Rezessionen zeigen jedoch: Wer innovativ bleibt, hat auch längerfristig bessere wirtschaftliche Karten als Mitbewerber. Krisenzeiten können ein Brandbeschleuniger für Entwicklungen und Zukunftstechnologien sein. „So manche Unternehmen werden uns in einigen Wochen oder Monaten mit Innovationen überraschen“, gibt sich WU-Professor Hoffmann überzeugt.